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Projektwoche 2020

Projektwoche Schwerpunktfach Griechisch (Klasse 3BDFH)

Montag, 21. September

Wir begannen unsere Griechisch-Kulturwoche mit einem Rätsel: Was ist das?

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Pylos Tablet 641, Nationalmuseum Athen

Dieselbe Frage hatten sich Forscher seit etwa 1900 gestellt, als im Zuge der Ausgra­bungen in Knossos (Kreta), Pylos, Theben u.a. zahlreiche Tontäfelchen dieser Art zum Vorschein kamen. Sie enthielten offensichtlich Schriftzeichen – aber in welcher Sprache?
Es sollte rund ein halbes Jahrhundert dauern, bis der Innenarchitekt und Hobby-Philologe Michael Ventris im Jahre 1952 auf die Lösung kam: Das muss Griechisch sein! Das hier abgebildete Täfelchen aus Pylos lieferte den endgültigen Beweis. Das konnten wir gut nach­vollziehen, als wir die Bildsymbole (Dreifüsse und andere Gefässe mit zwei, drei oder vier Henkeln), die Mengenangaben (senkrechte Striche neben den Bildern) und die wiederholten Sequenzen von Silbenzeichen zwischen den Bildern genauer analysierten. Die Zahlwörter zwei, drei und vier, die auf dem Täfel­chen immer wieder vorkommen, lieferten uns dabei einen willkommenen Schlüssel.
Wären wir nach Griechenland gefahren, so hätten wir dieses frühe Zeugnis griechi­scher Schrift (ca. 1200 v. Chr.) in einer Vitrine im Original bestaunen können. Aber im Klassenzimmer hatten wir dafür die Musse, es in Ruhe zu entziffern.

Am Nachmittag waren wir ein erstes Mal in der Basler Skulpturhalle. Der Kurator der Samm­lung, Dr. Tomas Lochman, erzählte uns Span­nen­des über Geschichte und Zweck dieses Museums. Zwar beherbergt die Skulpturhalle keine Originalwerke, dafür aber eine grosse Anzahl von Kopien aus Gips, so dass man hier zum Beispiel einen raschen Überblick über die Entwicklung der griechischen Skulptur gewinnen kann: vom starr dastehenden archaischen Kouros über allmählich bewegtere Standbilder bis hin zu Sportlerfiguren in komplexen Bewe­gungs­abläufen.

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Abgüsse griechischer Kouros-Statuen in der Skulpturhalle
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Der Diskuswerfer des Myron (römische Kopie eines griechischen Originals aus der 1. Hälfte des 5. Jh. v. Chr., Rom, Thermenmuseum)
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Achilleus und Penthesilea

Aber nicht nur das!

Griechische Plastiken waren häufig aus Bronze. Die meisten sind verloren, da das wertvolle Metall später eingeschmolzen und zu neuen Zwecken verwendet wurde. Erhalten sind aber zahlreiche römische Kopien aus Marmor – nur dass die meisten davon früher oder später beschädigt wurden. Wie kommt man da zurück zum Original?

Hier sehen Sie die berühmte Gruppe von Achilleus und der Amazonenkönigin Penthesilea. Achill hat seine Gegnerin tödlich verletzt, sich aber in sie verliebt, als er ihr in die Augen blickte. Nun stützt er die Sterbende und wendet sich voll Trauer ab. Marmor-Fragmente dieser Gruppe sind über Museen in aller Welt verteilt. Wie sie als ganze ausgesehen hat, konnte man sich jedoch lange Zeit nicht so recht vorstellen – bis es in Basel gelang, aus Gipsabgüssen der verstreuten Frag­mente die originale Komposition zu rekon­struieren.

Nach der Führung machten wir uns auf einen Streifzug durch die Skulpturhalle. Alle schauten sich schon einmal die Werke an, mit denen sie sich in den nächsten Tagen intensiver beschäf­tigen wollten: Den Skulpturen und Reliefs am Parthenon in Athen, dem Giebelschmuck des Zeustempels in Olympia und den zahlreichen Darstellungen griechischer Sportler.

Dienstag und Mittwoch, 22.–23. September

Am Dienstagmorgen trafen wir uns in der altertumswissenschaftlichen Bibliothek im Ross­hof, wo jede(r) sich geeigente Literatur suchen konnte (die natürlich durch die Bestände der haus­eigenen Mediothek ergänzt wurde). Gegen halb zehn begaben wir uns mit schweren Bild­bän­den bepackt ins GM und die Gruppe machte sich eifrig an die Ausarbeitung ihrer Referate.

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Parthenon Modell

Donnerstag, 24. September

Am Donnerstag waren wir zum zweiten Mal in der Skulpturhalle zu Gast. Diesmal zeigten die Schülerinnen und Schüler einander, was sie inzwischen recherchiert und entdeckt hatten.

Umutcan erklärte uns anhand eines Modells die raffinierte Architektur des Parthenon.

Jonatan führte aus, wie geschickt die Giebelstatuen des Parthenon in dem dreieckigen Feld angeordnet waren: So zeigte der Ostgiebel in der Mitte die Geburt der Athene aus dem Haupt des Zeus (auch auf dem Modell erkennbar); gerahmt wurde das Geschehen durch die Gespanne der aufgehenden Sonne und des untergehenden Mondes (Helios und Selene), die gut in den Zwickeln Platz fanden.

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Pferde des Sonnengottes Helios (Ostgiebel)
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Pferd der Selene (Ostgiebel)

Laura zeigte uns die Metopen, auf denen mythische Kämpfe dargestellt sind – etwa der Kampf der (menschlichen) Lapithen gegen die (aus Pferd und Mensch zusammengesetzen) Kentauren –, womit aber indirekt immer wieder auf die Überlegenheit der Athener über ihre ‘barbarischen’ Gegner verwiesen wird. Ausserdem berichtete sie uns, was man heute noch von der be­rühmten Gold-Elfenbein-Statue der Athene weiss, die einst im Innern des Parthenon gestanden hat: Schriftquellen und kleine Nachbildungen aus Marmor (oder auch Gips) können uns einen Eindruck davon vermitteln.

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Metope von der Südseite des Parthenon: Kampf eines Lapithen gegen einen Kentauren
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Athena Parthenos

Philippe schritt mit uns den Parthenonfries ab, der in seiner vollen Länge von 160 Metern in der Skulpturhalle zu sehen ist (ein Teil davon befindet sich im Magazin, das eigens für uns geöffnet wurde). Auf dem Fries ist ein festlicher Umzug abgebildet, wie er in Athen alle vier Jahre an den Panathenäen, dem grossen Fest für die Stadtgöttin Athene, veranstaltet wurde. Besonders schön sind die Bilder der jungen Reiter.

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Parthenonfries
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Parthenonfries (Detail)
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Ringkampf (Attisches Relief von der Basis einer Jünglingsstatue, Marmor, um 510 v. Chr., Athen, Nationalmuseum)

Mathias und Muhammedali referierten über Sport in der Antike und insbesondere über die grossen panhellenischen Wettkämpfe. Der wichtigste davon waren die angeblich um 776 v. Chr. begrün­deten Olympischen Spiele, die bis ins 4. Jh. n. Chr. alle vier Jahre abgehalten und 1896 in moderner Form wiederaufgenommen wurden. Es war interessant, antike und moderne Spiele zu vergleichen – und dabei auch zu erfahren, dass schon in der Antike Massnahmen ergriffen werden mussten, um Fairplay sicherzustellen und Betrug zu ahnden. Bei kleinen Regel­ver­stössen konnte man durch die Gerte eines Kampfrichters zur Räson gebracht werden. Wer bei einer gravierenderen Regel­verletzung ertappt wurde, musste ein hohes Bussgeld zahlen und dafür eine Zeus-Statue an­fertigen lassen, die dann – mit namentlicher Nen­nung des Bestraften – am Eingang zum Stadion aufgestellt wurde.

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Ostgiebel des Zeustempels von Olympia, um 460 v. Chr., Olympia, Archäologisches Museum

Zum Schluss stellte uns Niko die Giebelfiguren des Zeustempels von Olympia vor. Thema des Ostgiebels ist ein wichtiger lokaler Mythos: Oinomaos, König von Pisa bei Olympia, forderte zahlreiche junge Männer zu einem Wettkampf im Wagenrennen heraus. Als Sieges­preis war die Hand seiner Tochter Hippodameia ausgesetzt; wurde ein Freier besiegt, so musste er sterben. Da Oinomaos über göttliche Pferde verfügte – ein Geschenk seines Vaters Ares –, hatte niemand eine Chance gegen ihn, bis der junge Held Pelops auf den Plan trat (der Namengeber der Peloponnes, ‘Pelops-Insel’). Nach einer Version des Mythos bestach Pelops den Stallmeister seines Gegners, der die eisernen Nägel in Oinomaos’ Wagen durch Wachs ersetzte, so dass das Gefährt nach kurzer Strecke zusammenbrach und der Lenker von seinen eigenen Pferden zu Tode geschleift wurde. Womit die (Un-)Sitte, sich Wettkampf­siege auch einmal mit kreativen Mitteln zu sichern, bereits im Mythos verankert wäre.

Ob der Gestalter des Giebels diese oder eine andere Version des Mythos im Sinn hatte, lässt sich freilich nicht sagen: Dargestellt ist der spannungsgeladene Moment unmittelbar vor dem Wettkampf, in dem sich die beiden Kontrahenten mit ihren Wagen bereitmachen.

Freitag, 25. September

Am letzten Tag unserer Kulturwoche reisten wir zusammen mit den Schülerinnen und Schü­lern des Schwerpunktfachs Englisch nach Luzern. Dort bewegten wir uns auf den Spuren englischer Romantiker wie Lord Byron und Percy Shelley, grosser Bewunderer der griechi­schen Antike. Auf einer – nicht ganz pannenfreien – Schnitzeljagd trugen die anglisti­schen ‘foxes’ und die griechischen ‘owls’ ihr Wissen zu­sammen, um diverse Auf­gaben zu lösen, etwa die Ableitung englischer Wörter aus ihren griechischen Wurzeln.

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Den Höhepunkt bildete der Ausblick, den man von der Stadtmauer Luzerns über die Land­schaft geniesst: Hier suchten wir (augen­zwinkernd) das Konzept des Erhabenen’ nachzuempfinden, das die Ro­mantiker aus der antiken Schrift Περὶ ὕψους abgeleitet hatten.

“This mountain makes me feel small”, bemerkte ein Schüler ...

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Schliesslich liessen wir die Woche ausklingen, indem wir unseren Weg durch das berühmte Spiegelkabinett suchten, der Sammlung ‘Rosengart’ einen Besuch abstatteten und auf dem Rückweg ein selbstgebasteltes ‘Tabu’ spielten, bei dem wir die Ereignisse der Woche noch einmal revue passieren liessen.