Sie sind hier: Startseite / Informationen / Fächer / Schwerpunktfach Griechisch / Studienreisen / Studienreise 2021

Artikelaktionen

Studienreise 2021

Bericht zur Studienreise-Woche SPF Griechisch vom 27.9. bis 1.10.2021

Der Entscheid, die Schwerpunktfach-Reisen aufgrund der Corona-Einschränkungen in der Schweiz durchzuführen, war nachvollziehbar. Es wird für die Griechisch-Gruppe also auch dieses Jahr kein Delphi, kein Olympia, kein Mykene, kein Korinth, keine Athener Akropolis – aber auch keinen echten Moussaka, kein Souvlaki, kein Krasí, kein Neró oder kein Pagotó geben. Was kann dieser Bandbreite an kulturellen und historischen Höhepunkten der abendländischen Welt gerecht werden?

Bild Legende:

Exkursionsziele für das Schwerpunktfach Griechisch sind in der Schweiz vornehmlich in Basel zu finden. Wir wollten aber unseren Ausflugsradius etwas weiter stecken. So war am Dienstag, den 28. September, das erste Ziel das Musée Olympique am Sitz des Internationalen Komitees in Lausanne. Dieses Museum zeigt eindrücklich, zu welch weltumspannender Bedeutung das lediglich von wenigen Einwohnern bewohnte Dorf auf der Peloponnes gekommen ist.

Bild Legende:

Wer die Ursprungs-Anlage in Olympia auf der Peloponnes kennt, weiss, dass eine noch so gelungene Rekonstruktion schwierig ist. Zu vielfältig sind die fünf Festtage in historischer, religiöser, sportlicher und eben architektonischer Hinsicht. Im Musée Olympique gibt es aber in der ersten der drei Etagen viele unmissverständliche Erklärungen, die einem den ursprünglichen olympischen Gedanken mit seinen Entwicklungen nahebringen und erklären. Verschiedene elektronische Visualisierungen mit Zoom-Funktionen, Gebäude-Rekonstruktionen, einige Original-Vasen (u.a. aus dem 6. Jahrhundert – Exekias!) mit Motiven, die auf früheste Sagen oder andere mit Olympia verbundene Mythen hinweisen (mit Herakles als Symbolfigur), unzählige Tafeln mit übersetzten Original-Texten von Herodot, Pindar oder Pausanias oder kleine und grosse Marmor-Statuen, die bestens in den Kontext der griechischen Werkstätten wie jener von Phidias auf dem olympischen Gelände passen. Das antike Olympia und die olympischen Spiele als Gesamtes werden aufgrund dieser Exponate und der multimedialen Einrichtungen fassbarer als in einem archäologischen Museum, nicht aber als in Olympia selbst. Die zwei anderen Etagen des Museums stellen modernere Exponate aus (wie Medaillen, Kleidungstücke oder Sportgeräte von Olympiasiegern der vergangenen Jahrzehnte) und runden mit Geräten zum Ausprobieren der persönlichen Ausdauer die Ausstellung ab.

Bild Legende:

Am Mittwoch entdecken wir auf dem Weg zum Nachtessen in ein griechisches Restaurant (mit dem für die antike griechische Dichter-Kultur vielversprechenden Namen ‘Le Lyrique’) in einem Schaufenster eines Kosmetik-Instituts Werbung für ein Angebot, dessen Name Programm ist: Cryo-lipo-lyse (κρύος-λίπος-λύσις: Kälte-Fett-Auflösung) – wer die griechischen Wörter erkennt, weiss, was gemeint ist; andernfalls ruft man die dabeistehende Telefon-Nummer an. Im Restaurant dann findet man Speisen wie in fast jedem Restaurant in Hellas (Tzatziki, Choriatiki, Moussaka, Pifteki usw. usf.). Hier wird ebenso gut gekocht, nur ist das Restaurant gepflegter und es fehlen die typische Atmosphäre und der Geruch des von mit Olivenöl angebratenen Fleischs aus der Küche. Die Desserts runden das griechische Mahl ab; Loukoumades, Galaktobouriko oder einfach Pagoto-Kugeln erinnern in gleicher Weise an die Essen auf der Peloponnes, in Korinth oder in der Plaka von Athen.

Bild Legende:

Nach einer knapp einstündigen Zugfahrt durch die Waadtländer Reblandschaft am Donnerstagmorgen erreichen wir Neuenburg und machen uns auf ins Laténium, das Museum mit rund 3000 Artefakten von der Steinzeit bis in die Gegenwart. Eine Sonder-Ausstellung des Museums gehört der Bronzezeit. Das betrifft also jene Zeit, die in den homerischen Epen eine Rolle spielt. Allerdings haben die Fundstücke aus der Gegend um den Neuenburgersee andere Funktionen, und so bleiben dann die Erklärungsversuche für die Vorstellung der Zeugnisse doch wieder auf das Schulzimmer beschränkt. Ein Eindruck für die archäologische Kultur bleibt allemal!

Bild Legende:

Für zwei unvergessliche Erlebnisse machen wir uns am Freitag früh am Morgen auf nach Zürich: Dort wartet in seiner Werkstatt in der Archäologischen Sammlung der Universität an der Rämistrasse der Restaurateur Urs Lang. Er ist zuständig für die Wiederherstellung und bzw. oder die Restaurierung beschädigter Statuen, Skulpturen oder Plastiken; es handelt sich hier hauptsächlich um Objekte aus der griechischen und römischen Antike. Er erklärt die Einrichtungen wie die Absauganlagen, die zahlreichen feinen und groben Werkzeuge oder die verschiedenen Materialien, mit denen er Einzelteile zusammenklebt oder Löcher füllt. Das ergibt eine ganz andere Perspektive von archäologischer Arbeit! Kaum zu glauben, welche Objekte aus einem Haufen Scherben fugenlos und scheinbar unversehrt zusammengesetzt werden.

In einem zweiten Teil erleben wir Vasen-Archäologie in seiner allerbesten Ausprägung: Martin Bürge, der Kurator der Archäologischen Sammlung der Uni Zürich, präsentiert uns eindrücklich zwei ca. 50 cm hohe Amphoren. Er berichtet davon, über welche Umwege sie in die Sammlung kamen (für Zürich nicht erstaunlich geht das über die Industriellen-Familie Escher – griechische Originale sind immer wieder auch ein Statussymbol), welche Besitzer entscheidend waren, dass die beiden Tongefässe nach jahrzehntelanger Trennung seit kurzer Zeit hier jetzt wieder vereint sind. Sie scheinen in der Tat zusammenzugehören. Martin Bürge holt aus, in welcher Zeit sie wohl entstanden sind (während der Regierung unter den Peisistratiden um 530 v. Chr.) und deutet auf den Stil der kunstvollen Bemalung hin. Es war mit aller Wahrscheinlichkeit ein Original-Werk des berühmten Malers Exekias, von dem wir hier vier ausgezeichnete Bemalungen (je Vorder- und Rückseite) vor unseren Augen haben. Auch wenn man sich in der Vasen-Archäologie nicht auskennt: Was uns da präsentiert wurde, ist sehr hoch einzuschätzen und in vielerlei Hinsicht äusserst wertvoll! Die Zeichnungen zeigen Pferde; bei dem einen Bild sind wohl Achilleus (an seinen rotblonden Haaren zu erkennen: ξανθὸς Ἀχιλλεύς) und Patroklos im Wagen zu vermuten, wie sie – wohl eine Anspielung auf eine in der Ilias belegte Szene – zum letzten Kampf ausfahren.

Das sind Eindrücke von vier Tagen der Studienreise-Woche. Das Leben Griechenlands wie auf unseren Studienreisen haben wir nicht erlebt. Aber es gab viele Eindrücke in den Museen, die den kulturellen Reichtum und die Bandbreite unseres Faches zeigen. Eine Reise nach Griechenland erhofft man sich umso mehr.

Bild Legende: