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Schülerinnen und Schüler lernen voneinander

Schüler lernen von Schülern –
Es ist ein ganz normaler Montagmorgen und der Deutschunterricht beginnt. Doch vorne
steht nicht etwa Frau S. Wolf, unsere Lehrerin, wie sonst immer, nein, Joshua Weill aus der fünften Klasse wird ihren Platz nun für zwei Lektionen einnehmen. Er wird der Klasse über seine Religion, das Judentum, erzählen, worauf alle sehr gespannt sind.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde beginnt Joshua seine Präsentation.
Für den Anfang hat er Gebetsriemen, sogenannte Tefillin, und einen Gebetsmantel,
den Tallit, mitgebracht. Während er sich die Riemen geschickt umwickelt, erzählt er
vom morgendlichen Gebet, das er jeden Tag betet. Schon bald verschwindet auch die
letzte Müdigkeit der Schüler aus ihren Augen und alle starren gebannt nach vorne.
Ab welchem Alter sich die jüdischen Kinder die Gebetsriemen ,,umwickeln“ müssen, ist
die Frage, die Joshua als nächstes gestellt wird. Nach und nach prasseln Fragen auf ihn ein, die er alle geduldig. Während seine Kippah in der Klasse herumgegeben wird, scheint auch das letzte bisschen Anspannung abzufallen. Die Cola-Kippah erfreut sich besonderer Beliebtheit, und Joshua schmunzelt, als er erzählt, dass man in Israel Kippot mit allen möglichen Aufdrucken kaufen kann, sogar solche mit Pringles Aufdruck, was Gesa ein ,,Cool!“ entlockt.
 

Einige Fragen beziehen sich auf den Sabbat, zum Beispiel die Verbote, welche an diesem Tag gelten:
-Kein Strom
-Nichts erstellen oder zerstören
-Keine weiten Distanzen zurücklegen
-Nichts bei sich tragen
Bei ,,kein Strom“, geht ein Raunen durch die Klasse, denn ein Tag ohne Handy,
Playstation, Auto oder Lichtschalter können sich die wenigsten vorstellen. Doch
langweilig wird Joshua nicht, im Gegenteil, ein Tag ohne Handy und ohne die Pflicht,
Whatsapp-Nachrichten zu beantworten, sei auch mal schön. Während wir am Samstag
bis zehn Uhr schlafen, stehen Joshua und sein Vater schon um acht Uhr auf, um in
der Synagoge zu beten. Danach geht Joshua in den Judenbund, wo er Leiter ist. Dieser Bund organisiert Diskussionsrunden am Sabbat mit Persönlichkeiten wie FCB-Präsident Bernhard Heusler.
 

Als es zur Pause klingelt, nutzt Ian die Chance und stellt Joshua noch einige Fragen, und
bald wird auch während der Pause angeregt diskutiert. Als dann alle wieder sitzen, kommt Joshua zu einem weiteren Teil, der für viele unvorstellbar ist: Dem koscher essen.
So vieles darf Joshua nicht essen: In der Mensa? Nein. M&M’s? Nein. Cheeseburger? Nein.
Doch wieso? Im Judentum dürfen Fleisch und Milchprodukte nicht zusammen gekocht
oder serviert werden. Auch gelten Zubereitungsvorschriften, die, laut Joshua, zu
kompliziert sind. Die ,,koscheren“ (d.h. reinen) Lebensmittel sind gekennzeichnet. Joshua kennt lange nicht alle auswendig, doch er weiss, dass Smarties und Frey- Schokolade koscher sind…
Persönliche und ernstere Fragen tauchen auf, die viele schon länger beschäftigen. ,,Muss man als Jude eine jüdische Frau heiraten?“ ,,Wurdest du schon einmal ausgeschlossen oder diskriminiert?“ ,,Wie steht das Judentum zur Homosexualität?“ Laufend schiessen Hände in die Höhe, Joshua antwortet fleissig, und die Stunde geht wie im Flug vorbei, ohne dass einem auch nur einmal langweilig geworden ist.
Joshua hat es geschafft, die Schüler/innen der 1C an einem Montagmorgen (!) 90
Minuten lang vollständig in seinen Bann zu ziehen.
 

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