Philosophie
Von dem Physiker und Philosophen Carl Friedrich von Weizsäcker stammt die Feststellung: „Philosophie ist die Wissenschaft, über die man nicht reden kann, ohne sie selbst zu betreiben.“ Die Frage, was Philosophie sei und womit sie sich beschäftige, führt also mitten in die Philosophie hinein.
Ein ebenso berühmter wie einprägsamer Versuch, philosophische Fragen zu systematisieren, stammt von Immanuel Kant. Ihm zufolge lässt sich die Philosophie in vier grosse Fragen unterteilen:
- Was kann ich wissen?
- Was soll ich tun?
- Was darf ich hoffen?
- Was ist der Mensch?
Die erste Frage: Was kann ich wissen? umreisst den Gegenstandsbereich der Erkenntnistheorie (Epistemologie). Sie beschäftigt sich u.a. mit folgenden Fragekomplexen:
- Ist die Welt erkennbar?
- Gibt es ein sicheres Fundament für die Erkenntnis der Welt?
- Welche Rolle spielen Sinne, Begriffe und Anschauungsformen in der Erkenntnis der Welt?
- Sind Ideen und Begriffe angeboren?
- Was ist Erfahrung?
Die zweite Frage: Was soll ich tun? führt uns in den Bereich der Ethik und der Moral. Diese Disziplinen beschäftigen Fragen, die die allgemeinsten Orientierungen unseres Handelns betreffen, wie etwa folgende:
- Was ist ein gutes Leben?
- Welche Rolle spielen Werte, Normen, Tugenden und allgemeine Prinzipien im menschlichen Handeln?
- Was ist das Gewissen und welchen Einfluss hat es auf menschliches Handeln?
- Ist moralisch gutes Handeln lehrbar?
- Ist Gott das höchste Gut, aus dem das moralisch Gute für den Menschen abgeleitet werden kann?
Die dritte Frage: Was darf ich hoffen? eröffnet das weite Feld der Religion auf der einen, und das der philosophisch-politischen Utopien auf der anderen Seite. Philosophie und Religion haben sich im Laufe der Jahrhunderte auf vielfältige Weise befruchtet, ergänzt, bekämpft oder beschwiegen. Fragen wie die folgenden haben immer wieder eine Rolle gespielt für die philosophische Reflexion:
- Was ist Religion?
- Wer oder was ist Gott? Lässt sich die Existenz Gottes durch Vernunft beweisen?
- Welche Rolle spielt der Glaube bei der Sinnsuche des Menschen?
- Woher bezieht die Religion ihre Inhalte, Ziele und Zwecke?
Zu dem durch die dritte Frage eröffneten Bereich gehört aber auch die politische Philosophie und die Geschichtsphilosophie. Sie fragt nach den Bedingungen eines gerechten Staates, nach den Strukturen einer gerechten Gesellschaften und dem Sinn und Zweck von Geschichte. Utopien der Gesellschaft spielen denn seit Platons Politeia im philosophischen Denken immer wieder eine grosse Rolle. Zentrale Fragen aus diesem Bereich sind:
- Was ist eine gerechte Gesellschaft?
- Was ist ein gerechter Staat?
- In welchem Verhältnis stehen Gerechtigkeit, Vernunft und die Frage nach dem guten Leben?
- In welchem Verhältnis stehen Moral und Politik?
- Hat die Geschichte einen letzten Zweck?
Die vierte und letzte Frage: Was ist der Mensch? fragt nach dem Menschen und seinem Selbstverständnis. Der Mensch im Unterschied zu allem anderen Seienden beschäftigt sich mit sich selbst, seiner Stellung in der Welt, seinem Blick auf diese. Diese umfassendste Disziplin der Philosophie berücksichtigt einzelwissenschaftliche Ergebnisse aus Biologie, Psychologie, Sozialwissenschaft etc. und verbindet sie zu Gesamtdeutungen, in denen sich die Menschenbilder der jeweiligen Epochen widerspiegeln. Wichtige Fragen in diesem Themenbereich lauten:
- Ist der Mensch in seinem Handeln frei oder determiniert?
- Was macht die Einzigartigkeit des Menschen aus?
- Inwieweit prägen gesellschaftliche Faktoren wie Kulturen oder Nationen das Selbstverständnis des Menschen?
- Ist der Mensch nur ein Vernunftwesen?
- Wie kommt der Mensch zur Existenz, was sind existenzielle Grunderfahrungen des Menschseins?
(Die Beispielfragen sind entnommen aus: Barbara Brüning: Philosophieren in der Sekundarstufe. Methoden und Medien, Weinheim/Basel/Berlin 2003, S. 13 ff.)