Studienreise 2017 - New York
Zum Auftakt der Projektwoche gab es einen richtigen Knockout-Tag. Um sieben Uhr morgens fuhr der Zug Richtung Kloten los und 24 Stunden später legten wir uns erschöpft in Manhattan schlafen. Denn trotz der langen Reise stand bereits am Freitag ein Highlight auf dem Programm: das emblematische, ja schon fast legendäre Empire State Building. Von unserem zentral gelegenen Youth Hostel erreichten wir das Gebäude in einem 15-minütigen Spaziergang und tauchten sogleich in die Welt des Art Déco (inklusive Personal in Livrée) ein, durch die wir von Laetitia mit Ihrem Vortrag zur Entstehung und Geschichte des Empire State geführt wurden.
Bevor wir am Samstag wieder schlaftrunken den Asphalt betraten, bekamen wir Besuch von der NYPD. Drei Beamte der grössten Polizeibehörde der USA gaben uns ein Sicherheitstraining für einen sorgefreien Aufenthalt in der Metropole und beantworteten auf witzige, professionelle Art die Fragen der Schülerschaft. Zum Abschluss gab es noch ein paar nette Andenken an „New York’s Finest“.
Nach diesem Briefing konnte es nun losgehen, und als erstes begaben wir uns nach Grand Central Station, einem Bezugspunkt für alle unsere weiteren Ausflüge. Es war äusserst eindrücklich, im „Main Concourse“ der gigantischen Eisenbahn-Kathedrale zu stehen, in welcher schon zahllose Filme gedreht wurden und durch welche täglich mehrere hunderttausend Pendler reisen. Gleichzeitig steht Grand Central als ein Mahnmal für die erste Blütezeit der USA, begründet unter anderem durch die „Tycoons“ wie Cornelius Vanderbilt und anderen Magnaten wie Rockefeller, Carnegie oder Morgan.
Auf Tuchfühlung mit der einheimischen Bevölkerung ging es bei der etwas beengenden 40-minütigen „rush hour-Busfahrt“ zur Lunge New Yorks. Fiona und Jonas führten uns durch einen grossen Teil Central Parks, und erzählten uns nicht nur viel Wissenswertes über den Park sondern zeigten uns auch ausgewählte Orte wie das Belvedere Castle oder die Statuen der Charaktere von Alice in Wonderland.
Nach einer sehr kurzen Verschnaufpause im Park ging es weiter in zwei geschichtsträchtige und charakteristische Stadtteile New Yorks, denen eine ungleiche Entwicklung widerfahren ist. Zunächst folgten wir Daniel durch die dicht bevölkerten Strassen Chinatowns, mit ihren rund 700'000 Einwohnern die größte chinesische Siedlung außerhalb Asiens, anschliessend führte uns Alexander durch das aussterbende Little Italy, einst ein grosses, von der Mafia und der Cosa Nostra dominiertes Viertel, das praktisch nur noch aus ein paar Strassen, der Mulberry und der Grand Street, besteht. Doch wir hatten Glück, denn wir liefen prompt in die Festa di San Gennaro rein und durften authentisches italo-amerikanisches Ambiente im Heimatquartier von Robert de Niro und Martin Scorsese schnuppern.
Am Sonntag stand erneut eine grosse Tour auf dem Programm. Zunächst spazierten wir, vorbei an der Trinity Church als Kontrapunkt, durch das an diesem Tag ruhige Zentrum des New Yorker Finanzdistrikts. Am Charging Bull vergangener Zeiten vorbei gelangten wir zu den Piers, wo wir die Fähre nach Brooklyn nahmen. Von dort hatten wir einen ersten atemberaubenden Blick auf die Skyline von Manhattan mit der emblematischen Brooklyn-Bridge im Vordergrund. Zur Geschichte und technischen Beschreibung der Sehnsuchtsbrücke sowie zum Quartier und zu den verschiedenen Gewässern, welche Manhattan umspülen, erhielten wir ausführliche Informationen im Vortrag von Dennis. Anschliessend galt es, Mut zu fassen und den abertausenden von Menschen, welche die Hängebrücke in Richtung Osten begingen, entgegenzulaufen – immer unter der Aufsicht der zahllosen Kameras und zweier Helikopter am Himmel. Das Millionenstadt-Feeling war perfekt, aber nichts für schwache Nerven.
Der Montag war fast ausschliesslich dem Besuch der United Nations International School gewidmet. Die UNIS, eine der allerersten IB-Schulen weltweit, wurde im Jahre 1947 von einer Gruppe Eltern gegründet, welche am New Yorker Sitz der Vereinten Nationen tätig waren und ihren Kindern zu einer international ausgerichteten Erziehung gereichen wollten unter Beibehaltung und gegenseitiger Befruchtung ihrer vielfältigen kulturellen Wurzeln, einem Ziel, welches sich das Gymnasium am Münsterplatz ebenfalls gross auf die Fahne geschrieben hat.
Wir wurden wärmstens von den Deutschlehrpersonen Falk und Anja sowie von einer SchülerInnendelegation empfangen und es fand ein reger Austausch unter der Schülerschaft statt. Im formelleren Teil hielten vier UNIS-Deutschschülerinnen und -Schüler Kurzvorträge auf über verschiedene Aspekte und ihre Lieblingsorte in New York, die GM-Crew hatte ein Referat über das Schweizerdeutsch parat, das ebenfalls auf regen Anklang und Interesse stiess. Nach diesen Unterrichtsraum-Aktivitäten ging es bei einer netten Erfrischung etwas informeller, aber dafür umso angeregter zu und her. Nach dem gemeinsamen Mittagessen in der Schulmensa erhielten wir eine ausführliche, hochinteressante Führung durch das gesamte Gelände. Diese wurde von zwei Oberstufenschülerinnen geleitet und bestach durch ihre inhaltliche und sprachliche Qualität. Das Basler Lehrpersonenteam traf sich auch noch kurz mit Herrn A. Delaitre, dem Leiter der Gymnasialabteilung. Es war eine äusserst interessante und auch bereichernde Begegnung und wir hoffen, dass wir die Partnerschaft mit der UNIS auch in Zukunft weiterführen und ausbauen können.
Nach diesem intensiven Programmpunkt ging es im selben Stil weiter. Frau Pieck führte uns in die Lower East Side im Südosten Manhattans, wohin die Mehrzahl der 1,4 Millionen jüdischen Einwanderer, die zwischen 1880 bis 1910 nach New York kamen, ihr »Shtetl« verlegten. Dort erfuhren wir von der Garden Cafeteria, jetzt ein chinesisches Restaurant, früher aber im Zentrum des intellektuellen Lebens der jüdischen Gemeinschaft angesiedelt, und wo man Persönlichkeiten wie Isaac Bashevis Singer antreffen konnte. Von Frau Pieck erhielten wir auch einen Schnellkurs in „Flirten auf Jiddish“ und lernten einige Jiddishe Schimpfwörter…
Thematisch konsistent ging es am Dienstag weiter mit dem Besuch des Museum of Jewish Heritage. Die zweistündige, sehr inspirierende Führung war eigentlich viel zu kurz, man hätte mindestens einen halben Tag verweilen können, zumal das Museum neben der Dauerausstellung viel mehr zu bieten hatte, zum Beispiel eine Ausstellung über die verlorenen Kinder vom Kloster Indersdorf, eine multimediale Dokumentations-Installation mit dem Titel „Operation Finale“ über die Verhaftung und Verurteilung von Ricardo Klement alias Adolf Eichmann und den sinnlichen „Garden of Stones“ von Andy Goldsworthy im Zentrum des Gebäudes.
Vom Museum aus war es ein Katzensprung zum Battery Park, wo wir die Fähre zur Freiheitsstatue und anschliessend nach Ellis Island nahmen. Zur Kolossalstatue des Elsässer Frédéric-Auguste Bartholdi hielten Nadine und Cameron den ersten Teil ihres interessanten Vortrags, während sie vor dem Museum of Immigration die Geschichte der Immigration in die USA und speziell die Einwanderer, welche in New York ankamen, Revue passieren liessen und mit einem lustigen Quiz abrundeten. Natürlich bot die Thematik Raum für eine Debatte über die aktuellen Verhältnisse im amerikanischen wie im europäischen Kontext.
Der Mittwoch begann etwas ruhiger mit einem von Eliana und Katja geführten Spaziergang durch das Promi-, Künstler- und Szenenviertel Greenwich Village mit seinen berühmten Gebäuden, den verschiedenen einschlägigen Jazz-Cafés und dem Hudson River Park. Zu den Stationen des Rundgangs zählten der Washington Square Park mit dem Bogen und der Kirche, das Carmine Recreation Centre, Emma Goldmans letzter Wohnort vor Ihrer Deportation in die UdSSR, und der Oscar Wilde Memorial Bookshop. Den Rest des Morgens wurden wir in Gruppen von senior students der New York University durch den Campus der grössten privaten Universität der Vereinigten Staaten geführt. Wir bekamen nicht nur einen guten Eindruck von der Grösse und der Finanzstärke der Hochschule, sondern die Studierenden erzählten uns auch viel über die Zulassungsbestimmungen, das Leben auf dem Campus, den Aufbau der Studiengänge und gaben viele praktische Tipps für Studieninteressierte.
Der Abend stand im Zeichen des Sports. Ziel war das Yankee Stadium in der Bronx, wo die New York Yankees auf die Tampa Bay Rays trafen, welche sie auch mit einer gewissen Leichtigkeit bezwangen. Sehr wichtig für das Spiel was das im Vorfeld gehaltene Referat von Nate zum Thema Baseball. So waren wir beim Eintritt ins Stadium mit den wichtigsten Regeln und Begriffen dieser typisch amerikanischen Sportart vertraut. Die Yankees sind übrigensdas mit Abstand erfolgreichste Team in der Geschichte der Major League Baseball mit 27 World Series-Titeln.
Ein Imputreferat von Fyona öffnete uns am Donnerstagmorgen die Türen des MoMA, bei welchem die Ausstellung zu „Louise Bourgeois: An Unfolding Portrait“ im Mittelpunkt stand. Die Aufgabenstellung, die uns Fyona am Ende Ihres Vortrags gab, eröffnete einen angeregten Austausch zum kreativen Prozess der Künstlerin. Der Rest des Morgens erwies sich wiederum als sehr knapp, um all die Schätze der Pinakothek gebührend zu würdigen, aber am frühen Nachmittag stand bereits der nächste Programmpunkt an: Ground Zero und das 9/11 Tribute Museum.
Während Monique und Nadine eine sehr objektive Tatsachenschilderung und einen interessanten literarischen Input gaben, war die offizielle Führung sehr emotional geladen und zuweilen mit starken patriotischen Akzenten versehen. Beeindruckend waren die Resultate der Aufgabe, welche Nadine und Monique der Klasse nach dem Besuch gaben, nämlich ein kurzes Gedicht zum Thema zu verfassen. In knapp zehn Minuten legten die Jugendlichen ein bemerkenswertes Talent im kreativen Schreiben an den Tag legten. Kompliment!
Nun stand uns noch der lange Weg nach Hause bevor. Bis zum Ende vermochte uns die Empire City zu faszinieren. Fast eine Stunde dauerte die Fahrt zum Flughafen in der rush hour. Doch trotz des straffen Programms blieb unsere Besatzung unermüdlich – bis zum Zwischenstopp in Madrid, wo die Augenringe nicht mehr wegzuretouchieren waren.
Die Studienreise nach New York war eine ausserordentlich lehrreiche und wertvolle Erfahrung. Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich beim Rektorat bedanken, der uns diese Reise ermöglicht hat. Ein weiteres grosses Dankeschön geht an Frau Pieck für die Organisation und Leitung sowie an Frau Ramsden für die allzeit aufmerksame Begleitung und Unterstützung.