Rahmenlehrplan Schwerpunktfach PPP

I. Allgemeine Bildungsziele

Übergeordnetes Ziel des Schwerpunktfaches Philosophie-Psychologie-Pädagogik (PPP) ist es, die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler zu mündigen, kritischen, reflektierten, dialog- und handlungsfähigen Persönlichkeiten zu fördern.

Der Weg zu diesem Ziel verläuft im Spannungsfeld zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. In der kritischen Auseinandersetzung mit Denkern, Positionen und Konzepten der Vergangenheit sollen die Schülerinnen und Schüler ein geschärftes Bewusstsein für die sozialen, politischen und geistigen Problemlagen der Gegenwart sowie deren verborgene Konflikt- und Lösungspotentiale entwickeln. In der Beschäftigung mit sozialen Phänomenen ergründen sie deren Phänomenologie, Struktur und Funktion, analysieren und reflektieren wissenschaftliche Erklärungsansätze und dazugehörige Alltagstheorien und können diesen Kompetenzzuwachs auch im konkreten Handeln nutzen.

Im Zentrum von Philosophie, Psychologie und Pädagogik steht der Mensch. Trotz der gemeinsamen historischen Entwicklung und ihren sich teilweise überlappenden Themengebieten setzen die drei Disziplinen in ihrer Befragung des Menschen je unterschiedliche Akzente.

 Die Philosophie verstanden als Prozess der kritisch-rationalen Selbstüberprüfung und der methodischen Evaluation des Denkens zielt ihrer Tendenz nach auf eine systematische Gesamtdeutung der Welt und der menschlichen Existenz.
 Die Psychologie rückt das Erleben und Verhalten des Menschen in den Fokus, sowie innere und äussere Determinanten seiner Entwicklung, die sich im Spannungsfeld von Selbst- und Fremdbestimmung und genetischen Anlagen bewegen.
 Die Pädagogik schliesslich sieht den Menschen eingebunden in Erziehungs- und Bildungsprozesse, formuliert Vorschläge zu deren Analyse, Gestaltung und Optimierung und reflektiert Grenzen und Möglichkeiten erzieherischen Handelns.

Philosophie, Psychologie und Pädagogik ist gemeinsam, dass sie sich im Laufe ihrer historischen Entwicklung von ihren mythischen, dogmatischen, alltagspsychologischen und esoterischen Ursprüngen abgegrenzt haben. Indem sie auf allgemein anerkannte Erfahrungen zurückbezogen bleiben und sich an die Regeln der kritischen Rationalität halten, führen sie zu nachvollziehbaren, überprüfbaren und um Objektivität bemühte Positionen. Es ist demnach eine wesentliche Aufgabe des PPP-Unterrichts, den Schülerinnen und Schülern behutsam ihre eigenen lebensweltlichen philosophischen, psychologischen und pädagogischen Erklärungsmuster zu verdeutlichen, und diese durch die Kontrastierung mit einer Auswahl an wissenschaftlichen Theorien und Methoden kritisch zu hinterfragen.


Dabei ist darauf zu achten, dass die Spannung zwischen wissenschaftlicher Forschung und biographisch geprägter Lebenswelt nicht abstrakt im Sinne eines „entweder-oder“ gefasst, sondern hinsichtlich der je spezifischen Potentiale, Notwendigkeiten und Probleme dargestellt wird. Eine naive Wissenschaftsgläubigkeit soll ebenso vermieden werden wie die Leugnung der unbestrittenen Verdienste wissenschaftlichen Denkens. In dieser Offenheit drückt sich eine Eigentümlichkeit des Schulfaches PPP aus, bei dem es anders als in der Forschung um eine Erweiterung und Anreicherung persönlicher kognitiver Strukturen, persönlicher Haltungen und persönlichen Könnens geht. Diese Offenheit nimmt der Rahmenlehrplan des Schwerpunktfaches insofern auf, als dass sich die Themen in der Jahresübersicht als Auswahl und als inspirierendes Angebot verstehen. Nebst einem bestimmten Pflichtbereich einigen sich die Schülerinnen und Schüler interessengeleitet in Absprache mit den Lehrpersonen auf zusätzliche Bereiche aus dem Themenkanon. Somit wird gründliches Arbeiten sowohl in der Breite wie in der Tiefe der Disziplinen ermöglicht.

Aufgrund seiner Fähigkeit, drei eigenständige und historisch wirkmächtige Zugänge zum Menschen zu integrieren, ist das Fach PPP besonders geeignet, zwischen den verschiedenen Schulfächern Brücken zu schlagen und der gymnasialen Bildung Kohärenz zu verleihen. Für den Standort des Gymnasiums am Münsterplatz in Basel stellt das Fach die einmalige Chance dar, das tradierte Ideal humanistischer Bildung im spannungsvollen Dialog zwischen alt- und neusprachlichen Bildungsprofilen zu erneuern.


II. Richtziele

Kenntnisse/Fertigkeiten

Die Schülerinnen und Schüler

  • sind mit grundlegenden philosophischen, psychologischen und pädagogischen Konzepten, Fragestellungen, Methoden und Positionen vertraut
  • erweitern in der Auseinandersetzung mit den ausgewählten Konzepten, Methoden und Techniken die fachbezogene Handlungskompetenz.
  • kennen und verwenden eine adäquate Terminologie
  • kennen und verstehen die Geschichte der Philosophie, der Pädagogik und Psychologie und deren aufklärerische Tradition in ihren Grundzügen, Zusammenhängen und Implikationen
  • erfassen die Unterschiede, Vorteile, Notwendigkeiten, Schwierigkeiten und Grenzen der drei Disziplinen zur Alltagsphilosophie, Alltagspädagogik und Alltagspsychologie
  • verstehen, dass verschiedene Kulturen und Epochen unterschiedliche Werte, Normen und Wissensbestände ausbilden
  • können eigene und fremde Erfahrungen, Positionen und Verhaltensweisen im Licht philosophischer, pädagogischer und psychologischer Theorien kriteriengeleitet beschreiben, analysieren und beurteilen


Haltungen

Die Schülerinnen und Schüler

  • nutzen das Angebot an philosophischen, pädagogischen und psychologischen Erkenntnissen als einen möglichen Beitrag zur persönlichen Entfaltung, zur Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen und gesellschaftlicher Verhältnisse
  • öffnen sich für eine Auseinandersetzung mit verschiedenen, auch fremd erscheinenden Welt- und Wissenschaftsvorstellungen
  • stellen an das eigene Denken den Anspruch auf Genauigkeit und intellektuelle Redlichkeit, und sind immer wieder bereit sich darauf zurückzubesinnen
  • kapitulieren nicht bei komplexen Problemen oder schwierigen Fragen, sondern suchen beharrlich nach möglichen Lösungen oder Hilfestellungen
  • betrachten Konflikte, Krisen und Streit als unabänderlichen Bestandteil unseres Lebens und sehen sie als Herausforderung


Fachspezifischer Kompetenzerwerb

Das Fach PPP bietet den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit, sich über die Aneigung fachspezifischer Arbeitsweisen, Denkweisen und Haltungen allgemeine Lernstrategien zu erarbeiten und einzuüben, die auch anderen Fächern zugute kommen. Als fachspezifische Arbeitsweisen, Denkweisen und Haltungen können genannt werden:

1. Wahrnehmen und Bewusstwerden

  • Verhalten und Erleben wahrnehmen, beschreiben und rekonstruieren
  • Sich der Perspektivität des eigenen Erlebens bewusst sein
  • Mit Wahrnehmungsfehlern rechnen, Beobachtungstechniken entwickeln, Beobachtungsinstrumente handhaben

2. Analysieren und einordnen

  • Probleme analysieren
  • Philosophische, pädagogische und psychologische Zusammenhänge erschliessen
  • Fachwissenschaftliche Erkenntnisse verwenden

3. Urteilen und entscheiden

  • Reflektieren, überprüfen, differenziert beurteilen, Stellungnahmen entwickeln und Entscheidungen treffen

4. Planen und handeln

  • Selbstständigkeit und Eigenständigkeit riskieren und erproben
  • Verhalten reflektieren und umsetzen

5. Arbeit mit Fachliteratur

  • Primärliteratur lesen
  • Empirische und geisteswissenschaftliche Methoden hinterfragen
  • Absoluten Wahrheitsansprüchen kritisch begegnen

6. Hirngerecht lernen

  • Erkenntnisse umsetzen (insbesondere Lernplanung, Lernstrategien)

7. Umgang mit Angst und Aggression

  • Erklärungsmodelle anwenden
  • Entspannungstechniken einüben
  • Gewalt analysieren

8. Geschlechtspezifisches Rollenverhalten

  • Geschlechterrollen analysieren
  • Sexismus in der Sprache wahrnehmen
  • Gesellschaftspolitischen und kulturellen Veränderungen offen begegnen

9. Würde des Menschen

  • Einzigartigkeit und Individualität der Person achten
  • Andersdenkende respektieren
  • Konflikte und Krisen als Entwicklungschancen verstehen

Fachdidaktisch-methodische Grundsätze

Der PPP-Unterricht ist ein Ort für Neugierde, für das Bedürfnis nach Verständnis und Einsicht und für die Lust am Denken und Beobachten. Reflektieren, sich untereinander austauschen und Erlerntes transferieren haben ein zentrales Gewicht bei der Erarbeitung wesentlicher Konzepte, Positionen und Theorien. Es empfiehlt sich ein lebensnaher phänomen- und problemorientierter Zugang zu den wichtigsten Fragen der drei Disziplinen. In der konkreten Unterrichtsgestaltung soll vor allem an Fragen, Fällen und Problemen gearbeitet werden, damit die Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit bekommen, ihr themenspezifisches Wissen zu intensivieren und zu erweitern. Methodisch sollten vor allem instruktionale Methoden und konstruktivisch orientierte Verfahren zur Anwendung kommen. Besondere Berücksichtigung findet dabei das junge Eingangsalter der Schülerinnen und Schüler.

Auch sollte die Nähe der drei Disziplinen untereinander berücksichtigt werden, indem zeitnah und integrativ Schwerpunktthemen aus dem philosophischen, psychologischen und pädagogischen Blickwinkel fachintern differenziert und beleuchtet werden. Darüber hinaus bestehen vielfältige Anschlussmöglichkeiten zu anderen Fächern wie Geschichte, Biologie, Deutsch und Fremdsprachen. Denn das Fach PPP bietet den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit, sich über die Aneignung fachspezifischer Arbeitsweisen, Denkweisen und Haltungen allgemeine Lernstrategien zu erarbeiten und einzuüben, die auch anderen Fächern zugute kommen.

Die Schülerinnen und Schülern verinnerlichen, dass gefundene Antworten immer wieder neue Fragen aufwerfen können. Das Nachdenken über das Menschsein ist ein offener und nie abgeschlossener Prozess. Antworten sollen im PPP-Unterricht daher immer nur Möglichkeiten, keine Endgültigkeiten sein.