Klima-Podiumsdiskussion am GM, Donnerstag 14. November 2019
Am Donnerstag, 14. November fand in der Aula des GM eine vom Rektorat organisierte Podiumsdiskussion zum Thema Klimawandel statt, an welche fünf namhafte Vertreter aus Forschung, Wirtschaft und Politik geladen waren. Diese teilten sich das Podium mit fünf GM-Schülerinnen und -Schülern. Die 200 Schülerinnen und Schüler der 5. Klassen, welche das Publikum bildeten, nahmen ebenfalls aktiv an der Diskussion teil.
Nach der Begrüssung und einer kurzen Vorstellung der Gäste durch den Rektor erklärten die Experten in kurzer, prägnanter Form, welche aus ihrer jeweiligen Warte die wichtigsten Herausforderungen in dieser komplexen Thematik darstellen. Die Schülerinnen und Schüler auf dem Podium platzierten ihre Kritik zunächst vor allem an den Bankensektor, welcher ihrer Meinung nach trotz seiner grossen Einflussmöglichkeiten immer noch zu stark nach ökonomischen Kriterien folge anstatt die Geldflüsse klimafreundlich zu kanalisieren.
Herr Dr. Leitz, Leiter UBS Corporate Responsibility entgegnete diesen Vorwürfen, seitens UBS fände bereits seit 15 Jahren ein Austausch mit klimaengagierten NGOs statt, die klimaschädlichen Investitionen seien drastisch reduziert und gleichzeitig seien 300 Milliarden Schweizer Franken Kundengelder in erneuerbare Energien investiert worden. Weiter bemerkte Herr Leitz, der als promovierter Historiker eine viel breitere Perspektive hat als die rein ökonomische, dass die Klimafrage nicht gelöst werden könne, indem man nur einen Stakeholder zum handeln dränge. Vielmehr sei die Problematik an die drei K gebunden: Kultur, Konsum und Kapital. Er erinnerte uns auch daran, dass schon im Jahre 1982 der Stromverbrauch um 15% hätte verringert werden können, wenn alle ihre auf Standby gestellten Geräte abgeschaltet hätten.
Herr Beat Jans, Nationalrat und Vizepräsident der SP Schweiz, spann diesen Gedanken weiter am Beispiel der Essgewohnheiten, in welchen der Fleischkonsum, der Sojaimport sowie die allzeitige Verfügbarkeit nicht-saisonaler Produkte drei sehr grosse Probleme darstellen. Man müsse, so Herr Dr. Fabiano Piccino, Projektleiter Nachhaltigkeit und Verantwortlicher Klimastrategie SBB, in Kreisläufen anstatt linear denken, wenn man das Wachstum mit dem Verbrauch der endlichen Ressourcen in Einklang bringen wollte. Die derzeitige Einstellung der Produzenten sowie der Konsumenten „take – make – dispose“ sei mittel- und langfristig nicht mehr tragbar. Auch Herr Niklaus Zepf, Leiter Corporate Development der Axpo Group, betont die Komplexität der Herausforderung, welche auf technologischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Ebene angegangen werden müsse, was politische Debatten seiner Meinung nach nicht immer sähen.
Herr Jans postulierte auch, dass es wichtig sei, international zu denken. Bis zum Jahr 2050 würden 90 Billionen US$ gebraucht, um die Klimaziele weltweit zu erreichen und die Banken als grösste Finanzverwalter der Welt müssten hier ihre Verantwortung stärker übernehmen und diese Vermögen in klimaschützende Massnahmen setzen. Ebenso plädierte er dafür, dass der Staat da eingreifen und auch Verbote aussprechen müsse. Dieses Votum stiess auf Kritik seitens der Vertreter der Wirtschaft. Herr Zepf kommentierte, die Umweltziele würden zwar politisch gesetzt, umgesetzt werden müssten sie dann jedoch von „den Bösen“, das heisst von Industrie und Banken. Seiner Meinung nach könne dieses Problem aber nur im Dialog angegangen werden. An erster Stelle stehen für ihn einhaltbare Rahmenbedingungen, an zweiter Stelle sei es wichtig, Anreize zu schaffen, damit diese Rahmenbedingungen eingehalten würden und erst in dritter Instanz solle man Verbote aussprechen.
Herr Dr. Erich Fischer vom Departement für Umweltwissenschaften der ETH Zürich postulierte als erste Massnahme eine flächendeckende Lenkungsabgabe auf CO2, die aber massvoll sein müsse, um einen Tanktourismus zu verhindern. Neben der Steuer auf Benzin müsse flankierend auch sofort eine Infrastruktur für elektrische Mobilität geschaffen werden. Dr. Fabiano Piccinno, Projektleiter für Nachhaltigkeit und Verantwortlicher der Klimastrategie der SBB erklärte, dass seitens öffentlicher Mobilitätsanbieter stark an modularen Lösungen von Tür zu Tür-Angeboten gearbeitet wird, um die Attraktivität zu steigern. Grundsätzlich stellt jedoch eine Erhöhung der Kapazitäten des öffentlichen Transports auf so engem Raum eine grosse Herausforderung dar.
CO2-frei werden geht immer nur über Strom und Wärme, so Herr Dr. Fischer, und bei ersterem sind nur Photovoltaik und Windenergie unrealistisch. An diesem Punkt sprach Herr Zepf mahnende Worte aus: Wenn sich die Schweiz den Windpfad verbauen, verbaue sie sich auch die Energiezukunft. Die Importstrategie allein sei keine Lösung. Ausserdem wies er, unterstützt von allen anderen Experten, darauf hin, dass Strom generell zu preisgünstig sei. Es brauche hier ein Umdenken seitens Verbraucher. Neben der Frage, wie man das Konsumverhalten der wachsenden Mittelstandes positiv beeinflussen könne, muss das Problem gelöst werden, wie man die saisonalen Unterschiede bei der Stromproduktion regeln könne.
Ein weiterer Punkt, bei dem eine grundsätzliche Einigkeit in den Voten Bestand, ist die Notwendigkeit, die Solarenergie auszubauen und möglichst rasch auf elektrische Mobilität umzustellen. Hier verwies Herr Zepf auf die Wasserstofftechnik als gute Alternative für Lastwagen, eine Technik, die man auch für stationäre Stromerzeugungsanlagen verwenden könne. Für die Durchführbarkeit einer schnellen und erfolgreichen Umstellung auf Strom als mobile Energie sei die Auswertung des ersten Recyclingzyklus der Batterien entscheidend.
Neben dem Strassenverkehr wurde auf eine weitere zentrale Thematik hingewiesen: Damit auch die Schweiz im Jahre 205 klimaneutral werden könne, müsse die Sanierungsrate der Gebäude dramatisch verbessert werden. Herr Jans forderte, dass dazu eine Klimabank geschaffen würde.
Das Klimapodium war ein voller Erfolg, was sich unter anderem auch daran zeigte, dass zweihundert Schülerinnen und Schüler während zweier Stunden äusserst aufmerksam und engagiert zugehört und aktiv mitdiskutiert haben. Die Gäste begeisterten uns mit ihrer profunden Expertise, ihrem äusserst sympathischen Auftreten und Ihrer herausragenden Eloquenz. Sie waren nicht nur ausgesprochen gute Redner, sondern hörten auch gut zu, gingen auf die Fragen der Schülerschaft ein und gestalteten mit ihren Voten eine angeregte Interaktion. Wir danken allen für den bereichernden und inspirierenden Nachmittag.
Dr. Erich M. Fischer, Dep. für Umweltwissenschaften, ETH Zürich
Beat Jans, Nationalrat, Vizepräsident SP Schweiz
Dr. Fabiano Piccinno, Projektleiter Nachhaltigkeit und Verantwortlicher Klimastrategie SBB
Dr. Christian Leitz, Leiter UBS Corporate Responsibility
Niklaus Zepf, Leiter Corporate Development, Axpo Group