Besuch des französischen Botschafters
Am 28. Mai 2015 war der französische Botschafter, Seine Exzellenz Herr René Roudaut, am Gymnasium am Münsterplatz zu Gast. Der Anlass wurde in Zusammenarbeit mit der Delegation der Europäischen Union für die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein organisiert. Zwei Klassen mit Maturandinnen und Maturanden sowie zwei vierte Klassen fanden sich in der Aula ein, um mit dem Botschafter über aktuelle Themen rund um die EU und die Schweiz zu debattieren.
Herr Roudaut erläuterte die geschichtlichen Hintergründe Europas nach dem Zweiten Weltkrieg und die Absichten, die hinter der „Europäischen Einheitsidee“ standen. Zudem kommentierte er auch kritisch die nicht immer gelungenen Entwicklungen innerhalb der EU. Seitens der Schülerinnen wurden sehr viele Themen aufgegriffen, wie es zum Beispiel zur sehr angespannten Situation in und mit Griechenland kam, wie sich die EU den Herausforderungen der Einwanderung aus Schwellenländern stellt oder weshalb die EU kaum politische Auftritte hat.
Herr Roudaut machte einen Aufruf, die grundlegenden Gedanken der Verträge von Rom – Solidarität, Kooperation, Kohärenz und Identifikation wieder aufzunehmen. Gerade im Verhältnis zur Schweiz seien die bilateralen Verträge ein grosses Entgegenkommen seitens der EU, das der Union einen hohen bürokratischen Aufwand abverlange, dafür aber eine gewisse Gegenseitigkeit benötige. Die Europäische Union verstehe sich als Nullsummenspiel, bei dem niemand gewinne, aber letztlich doch alle profitieren könnten.
Der Botschafter sprach auch seine Bewunderung für die Schweiz aus, deren Wohlstand auf drei Säulen ruhe: Einer starken Autonomie der Kantone, einem ausgezeichneten Schulsystem und sehr flexiblen Sozialverträgen, vor allem was den Arbeitsmarkt anbelangt.
Auf die Frage nach einer tendenziellen Radikalisierung und einem politischen Rechtsrutsch in vielen europäischen Ländern zeigt sich Herr Roudaut beunruhigt, aber zuversichtlich. Die Geschichte der Union und Europas ist – so der Botschafter – die Geschichte von Menschenwanderungen und Durchmischungen. Monolithische Identitätsmodelle gehörten der Vergangenheit an und entsprächen in keiner Weise der heutigen Wirklichkeit. Ebenso realitätsfremd erscheint ihm, dass die zweisprachigen Schulen im Elsass geschlossen werden sollen, da, so Herr Roudaut: „Le monolingue est un analphabète“.
Zum heiklen Thema der Masseneinwanderungsinitiative sagte er, man müsse einerseits den Begriff der Masseneinwanderung relativieren, andererseits werde die Umsetzung des Volksentscheids jetzt eine grosse Herausforderung, um das sehr komplexe Beziehungsgeflecht zwischen der Eidgenossenschaft und der EU, das über Jahrzehnte ausgehandelt wurde, nicht in Gefahr zu bringen.
Herr Renaud ging sehr einfühlsam auf die Schüler ein, es gelang ihm, seine überragenden Kenntnisse der Materie mit grossem didaktischem Geschick und aus einer sehr (selbst-)kritischen Warte an eine begeisterte Schülerschaft heranzubringen. Der Botschafter beglückwünschte das GM für die vorzüglichen Französischkenntnisse und das hohe Diskussionsniveau der beteiligten Klassen.
Bericht in der Basler Zeitung BaZ
Bericht in der Basellandschaftlichen Zeitung bz
Bericht in der Elsässischen Zeitung 'L'Alsace'